Ein kalter Abend in Hellas – der Athener Erstligist Panionios traf in der zweiten Runde des griechischen Pokals auf den Tabellenzweiten der zweiten Liga, Panachaiki aus Patras.
Von einer nahen Tram-Station ging es durch schmale Straßen Richtung Nea Smyrni-Stadion. Gepflegte Mehrfamilienhäuser beiderseits des Weges, immer wieder musste man Kopf einziehen unter den Ästen der Orangenbäume am Straßenrand. Dann zeigten sich als erstes die Flutlichtmasten, angestrahlt von der tief stehenden Abendsonne. So wirkte die Lage des Stadions geradezu idyllisch.
Umso größer war der Kontrast, als man um die nächste Straßenecke bog und vor der Arena stand. Ein heruntergekommener Bau, dessen Fassade geprägt ist durch bröckeligen Beton, bunte Graffitis der Panionios-Ultras und die rostigen Pfeiler der Flutlichter. Das Nea Smyrni hat wahrlich bessere Tage gesehen, strahlte aber mit seinem verwahrlosten Äußeren einen ganz eigenen Charme aus.
Tickets für das Pokalspiel gegen Panachaiki gab es zu Preisen von 10 bzw. 15 Euro an einer Kasse in einem Container. Der steht passenderweise gleich neben einer Kirche, so dass man hier noch eine Kerze für seinen Club hätte anzünden können, wenn man das wollte.
Mit einer Karte für Gate 4 – direkt gegenüber von Gate 3, dem Block der Panionios-Ultras „Panthers“ – ging’s hinein ins Stadion. Dazu zwängte man sich durch ein extrem enges Drehkreuz, wurde auf der anderen Seite von freundlichen Ordnern und Polizisten empfangen. Entschuldigung, dürfte ich Ihre Karte abreißen? Vielen Dank, Sie dürfen hinein.
Noch ein paar Stufen hinauf, schon stand man auf der Haupttribüne und blickte in das zu diesem Zeitpunkt noch quasi menschenleere Nea Smyrni. Plötzlich stand da ein netter Polizist und fragte schüchtern auf Englisch, ob er vielleicht noch mal in den Rucksack schauen dürfe. Aber, ja doch …
Danach war noch immer genug Zeit, um das Stadionrund ausgiebig in Augenschein zu nehmen. 11700 Zuschauer können im Nea Smyrni Platz finden: Auf einer überdachten Haupttribüne, einer niedrigen Kurve im Südwesten und auf der Gegentribüne mit dem großen Schriftzug „Panionios 1890“. Nach Nordosten ist das Stadion nur mit einem hohen Zaun begrenzt, dahinter liegt die bereits erwähnte Kirche.
Einen Stehplatzbereich gibt es nicht, alle Plätze sind mit verblichenen Plastiksitzen ausgestattet. Es gibt sogar einen VIP-Bereich mit staubigen Sesseln, auf deren Rückenlehne der Vereinsname prangt. Der Zustand der Stadions ist jedoch im Inneren nicht besser als von außen.
Das Dach der Haupttribüne ist eine Konstruktion aus dünnem Stahlrohr und mit Kunststoffplatten gedeckt, wie man sie sonst eher in Gewächshäusern sieht. Der Zustand ist – löchrig. Hin und wieder fehlt mal eine Platte.
Nur ganz spärlich trafen inzwischen die Besucher des Spiels ein. Etwa 15 Minuten vor dem Beginn erschienen auch die Panther in ihrem Block. Doch der füllte sich nur spärlich, zum Anpfiff waren es vielleicht 50 Ultras, die ihre Mannschaft anfeuerten. In den übrigen Blöcken sah es nicht besser aus, auch hier verloren sich wenige Zuschauer, so dass es vermutlich keine 500 Besucher waren, die sich im Nea Smyrni einfanden. Gut möglich, dass das winterliche Wetter – um null Grad und gelegentliche Schneeschauer – viele Griechen bewogen hatte, sich lieber die Live-Übertragung des Spiels im Fernsehen anzusehen, anstatt im eiskalten Stadion zu bibbern.
Erstaunlicherweise sammelten sich aber in einem Block der Haupttribüne sogar einige Gästefans, was im griechischen Fußball durchaus nicht selbstverständlich ist. Droht auch nur die geringste Gefahr von Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen, werden keine Auswärtsfans zugelassen. Die Panachaiki-Fans aus dem 220 Kilometer entfernten Patras galten demnach wohl als harmlos. Sie schafften es trotzdem, innerhalb weniger Minuten nach Spielbeginn die Panionios-Fans auf der Haupttribüne so zu provozieren, dass sich die daran machten, kurzerhand den Auswärtsblock zu stürmen.
Polizisten mit Helmen, Schutzschilden und Schlagstöcken gingen jedoch sofort dazwischen und erstickten den Krawall schon im Keim.
Die Heimfans, die nun bei Nüssen, Chips und Kaffee in der Kälte ausharrten, wurden immerhin mit einem deutlichen, wenn auch spielerisch keinesfalls glanzvollen Sieg ihrer Mannschaft belohnt. Nachdem sich Panionios einige Minuten sehr schwer tat, ging man mit der ersten guten Chance prompt 1:0 in Führung (19.), konnte zu Beginn von Halbzeit Zwei durch einen sehr zweifelhaften Elfmeter auf 2:0 erhöhen (54.). Vorangegangen war ein angebliches Foul des Torhüters von Panachaiki, der jedoch eher selbst von einem Panionios-Strümer über den Haufen gerannt worden war.
Der Zweitligist Panachiaki hatte bis dahin recht gut mitgehalten gegen den derzeitigen Tabellenzweiten der ersten Liga, doch als direkt nach dem Elfmeter-Gegentor auch noch das 3:0 für Panionios fiel (55.), war dessen Widerstand gebrochen. Folgerichtig gelang den Athenern auch noch das 4:0 (67.), das dann ohne jede Mühe bis zum Abpfiff verwaltet wurde.
Die kleine Gruppe der Panther-Ultras sang während des Spiels fast fortwährend, wenn auch zum Ende mit abnehmender Intensität. Auf Pyrotechnik verzichtete man gänzlich, zündete nur einmal einen kleinen Rauchtopf. Offenbar hatte das eisige Wetter auch die Aktivitäten der Fans erstarren lassen. Mit dem Abpfiff zogen denn auch die wenigen Treuen aus dem ohnehin fast leeren Stadion ab. Bloß heim, sich aufwärmen.